Die Wettbewerbsentwürfe wurden prämiert: So also könnte Neustart auf Maribu aussehen!
Foto vom Preisgericht: Sacha Rudolf (IBA'27 Stuttgart)
Sitzung des Preisgerichts
Fünf renommierte Architekturbüros hatten sich an unserem Planungswettbewerb beteiligt und am 25. Juli 2025 konnte das Preisgericht dann über deren eingereichte Wettbewerbsentwürfe zum Bau von Neustart auf Maribu beraten.
Beurteilungskriterien waren neben der stadträumlichen und gestalterischen Qualität die Umsetzung des angestrebten Raumprogramms, die Qualität der Wohn-, Gemeinschafts- und Freiräume, das Erschließungskonzept und die Funktionalität der Gebäude, deren Weiterentwicklungsmöglichkeiten sowie natürlich die Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit des Gesamtvorhabens. Auch die architektonische Erkennbarkeit der Grundwerte der Genossenschaft und der Modellhaftigkeit von Neustart spielte dabei eine Rolle.
Die Jury bestand aus den stimmberechtigten Fachpreisrichter:innen Anne Femmer (Leipzig), Rut-Maria Gollan (München), Andreas Hofer (Intendant IBA’27) und Barbara Neumann-Landwehr (Stadt Tübingen) sowie aus den stimmberechtigten Sachpreisrichter:innen Christoph Mast (Neustart), Johanna Neuffer (Neustart) und Andreas Roth (Neustart). Es wurde unterstützt von den nicht-stimmberechtigten Stellvertreter:innen und Sachverständigen Marc Amann (Neustart), Michaela Bubeck (Stadt Tübingen), Andreas Drechsler (Neustart), Heiko Fischer (Energieberatung, Tübingen), Imke Gräff (Stadt Tübingen), Marlene Haupt (Ortsbeirätin Süd, Tübingen), Matthias Henzler (Stadt Tübingen), Holger Kube Ventura (Kunstmuseum Reutlingen / konkret), Marc Michaelsen (Neustart), Sacha Rudolf (IBA’27), Annette Schmidt (Gemeinderätin, Stadt Tübingen) und Markus Vollmer (Beratung Statik, Reutlingen).
Aus Sicht des Preisgerichts waren alle fünf Entwürfe sehr durchdacht und mit großem Engagement konzipiert und zeichneten sich durch eine erfreulich hohe Bearbeitungstiefe aus. Das hat die Entscheidungsfindung auf dieser intensiven, ganztägigen Sitzung zwar nicht leichtgemacht, zeigt aber, dass Neustart offenbar auch als Gestaltungsaufgabe beflügelt. Im Ergebnis hat die hohe Qualität der Einreichung jedenfalls dazu geführt, dass neben den vergebenen Preisen auch zwei Anerkennungen (dotiert mit jeweils 2.500 €) ausgesprochen wurden, nämlich für die Entwürfe der Büros BeL (Köln) und Eble Messerschmidt und Partner (Tübingen). Den dritten Preis (dotiert mit 5.000 €) erhielt das Büro bogevisch (München). Mit jeweils dem ersten Preis (dotiert mit jeweils 12.500 €) würdigte das Preisgericht schließlich die Entwürfe von LagerSchwertfeger (Berlin) sowie von Partner und Partner (Berlin). Beide konnten in hohem Maße überzeugen – und stehen für unterschiedliche Richtungen des Bauens, über die nun die Genossenschaft als Bauherrin entscheiden muss.
Die Siegerentwürfe
Im Entwurf des Büros Partner und Partner (Berlin) erkannte die Jury eine große Selbstverständlichkeit und entspannte Haltung in der logischen Organisation der drei Baukörper in Holzskelettbauweise. Zitat: „Das Projekt ist gestalterisch und konstruktiv sorgfältig entwickelt, arbeitet mit angemessenen Mitteln und bietet ein vielfältiges Angebot an mehrheitlich guten Wohnungen.“ Jedoch sollte deren Anzahl noch etwas erhöht und die Wohntypologien sollten zum Teil optimiert werden.
Dem Entwurf von LagerSchwertfeger (Berlin) attestierte das Preisgericht einen ungewöhnlich spannenden Ansatz: Durch raffinierte Ideen wie der Absenkung von Dachflächen zu erhöhten Innenhöfen, der Verringerung des Unterkellerungsaufwandes mit einem Zwischengeschoss, „mäandernde“ Cluster-Wohnungen und der Verbindung von Gebäuden mit einem Steg könnte diese Architektur die Leitideen der Neustart-Genossenschaft in besonderem Maße widerspiegeln. Jedoch unterschreitet auch dieser Entwurf das angestrebte Flächenziel von Neustart.
Ein Tag danach: Sommerfest mit Präsentation der Entwürfe
Auch der nachfolgende 26. Juli wurde zu einem wichtigen und großen Tag für Neustart: Über 150 Menschen kamen im Rahmen eines halböffentlichen Sommerfestes zusammen, um die mit Spannung erwarteten Entwürfe zu begutachten. Selbstverständlich sollten die dabei eingangs vorgestellten Ergebnisse des Preisgerichts nicht bloß zur Kenntnis genommen, sondern auch kommentiert und diskutiert werden, sodass ein gemeinschaftlicher Prozess entsteht – typisch Neustart. Anfänglich aufgetretene Irritationen darüber, dass alle fünf Entwürfe die bislang stets erhoffte Anzahl von 400 künftigen Bewohner:innen nicht erreichen, konnten von den Vertreter:innen des Preisgerichts aufgelöst werden: Auch durch eine niedrigere Anzahl muss das Gesamtvorhaben für den/die Einzelne nicht zwangsläufig teurer werden. Überdies hat der Planungswettbewerb eindeutig gezeigt, dass die Herstellung von Wohnraum für 400 Bewohner:innen im Rahmen der Gegebenheiten (Flächengrößen, Baurecht, wirtschaftliche Ziele) höchstens dann realisierbar wäre, wenn ganz erhebliche Einbußen in der Qualität dieses Wohnraums hingenommen würden. Und dies ist schlicht nicht empfehlenswert.
Im Verlauf des Tages wurden etliche Einzelbeobachtungen von Genoss:innen zusammengetragen, welche Aspekte der beiden Siegerentwürfe sie besonders überzeugend finden und welche noch Zweifel aufwerfen. Die Sammlung dieser wertvollen Impulse wird von dem neu gegründeten Bauvertretungsteam (Carola Kochner, Christoph Mast, Andreas Drechsler, Andreas Roth, Knut Arnold und Johanna Neuffer) aufgenommen und in den weiteren Entscheidungsprozess einfließen. So war dieses rundum spannende und euphorische Sommerfest nicht nur ein Meilenstein in der Entwicklung von Neustart auf Maribu sondern auch ein Tag voller schöner gemeinschaftlicher Produktivität.
Vom 15. bis 26. September werden alle fünf Entwürfe in einer öffentlichen Ausstellung im Technischen Rathaus (Brunnenstraße 3, Tübingen) zu sehen sein.